Erlebnisbericht aus der Waldbesetzung
Als ich („Apfel“) von der drohenden Rodung des Stadtwalds und er daraus resultierende Besetzung gehört habe, wollte ich das „Barrio (spanisch für „(Stadt)viertel“) Hanni“ unbedingt kennenlernen. Denn Umweltthemen beschäftigen mich persönlich sehr und ich wollte gerne Menschen kennenlernen, die sich aktiv gegen Umweltzerstörung widersetzen.
Zuvor war ich noch nie bei einer Waldbesetzung. Also bin ich dort einfach mit dem Bus hingefahren, zunächst brauchte ich etwas Mut, um an dem großen Polizeiaufgebot direkt am Eingang vorbei in den Stadtwald zu gehen. Im Wald angekommen sind mir direkt die vielen aufgehängten Plakate und auch die drei Baumhäuser aufgefallen. Im Wald haben sich etwa zehn Personen aufgehalten, ein paar von ihnen waren vermummt. Schnell bin ich mit einer Person ins Gespräch gekommen, er hat sich als Holz vorgestellt, jedoch haben alle Menschen im Wald einen Waldnamen.
Holz hat mir direkt nach einer kurzen Runde durch das Barrio gezeigt, wie man mit einem Klettergurt auf ein Baumhaus klettern kann. Das war für mich eine komplett neue Erfahrung. Ich habe davor noch nie geklettert, und es hat ziemlich viel Spaß gemacht. Danach stand für mich fest, dass ich auch gerne mal im „Hanni“ übernachten möchte.
Als ich zwei Tage später erneut im Wald ankam, blieb ich für 24 Stunden dort. Dort war inzwischen neben den Baumhäusern, bereits das „Wohnzimmer“ eingerichtet worden, welches der zentrale Treffpunkt im Wald ist. Dort kann man gemütlich zusammensitzen, kochen, essen und musizieren.
Als erstes habe ich beim „Groundspotting“ geholfen, also dabei geholfen Material, also Holzbretter, Säge, Schrauben etc. am Kletterseil zu befestigen, denn es wurde gerade ein viertes Baumhaus in über zwanzig Meter Höhe in einer über 200 Jahre alten Eiche errichtet. Den Bau des Baumhauses haben quasi „Profis“ übernommen, welche schon bei mehreren Waldbesetzungen dabei waren und das nötige „Know-how“ dazu haben.
Danach habe ich mit „Schlange“ einer Person von der Bürgerinitiative, ein Regal aus Ästen und Stämmen die bereits im Wald rumlagen, gebaut. Dazu mussten wir die Stämme noch zurecht sägen und die Stämme mit Band zu einem Regal befestigen. So haben die vielen gespendeten Lebensmittel und das Besteck einen neuen Platz direkt hinter dem Wohnzimmer gefunden.
Den ganzen Tag über sind immer wieder verschiedene Leute in den Wald gekommen, viele haben alle möglichen Sachen gespendet, oft sind dabei auch sehr interessante, politische Gespräche entstanden. Auch Journalisten waren da, manchmal kam auch die Polizei, welche aber nach ein paar Minuten wieder verschwand.
Zum Abend hin saßen wir alle zusammen im Kreis und haben ein Check-in gemacht, also uns darüber ausgetauscht, wie es uns so geht und weiter über weitere Möglichkeiten diskutiert wie man den Hanni noch erweitern könnte. Nach dem Abendbrot ging es dann darum, zu planen wer in welchem Baumhaus schläft. Ich durfte in dem schlafen, welches mit einer Leiter erreichbar ist und man nicht mit einem Klettergurt hochklettern muss.
Von den ganzen neuen Eindrücken und der körperlicher Arbeit war ich dann schon ziemlich kaputt und habe mich gefreut bald schlafen gehen zu können. Allerdings haben wir zu viert auf der Plattform geschlafen und es war eng und ziemlich kalt. In der Nacht waren es nur 5° und das Schlafen war nicht so leicht. Deshalb war ich am nächsten Tag etwas geschlaucht.
Zwei Menschen im Camp hatten aber bereits Kaffee und eine sehr leckere warme Suppe gekocht, was meine Stimmung dann wieder gehoben hat. Trotz der immer wiederkehrenden Regenschauer haben „die Profis“ das vierte Baumhaus weiter gebaut. Viele haben aber auch einfach nur im Wohnzimmer gechillt und es kamen auch wieder Leute vorbei.
Am späten Nachmittag bin ich nach Hause gefahren und war etwas müde von den vielen Eindrücken, aber auch sehr froh um die neuen Erfahrungen. Vor allem der Austausch mit anderen Menschen hat mir sehr gut gefallen. Auch tat mir die Zeit draußen in der Natur sehr gut, obwohl der Aufenthalt wirklich nicht besonders komfortabel war. Ich kann jedem nur empfehlen persönlich vorbeizukommen und sich ein eigenes Bild von der Situation vor Ort zu machen.